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Herstellerbedingungen verstehen und fair verhandeln

Original Equipment Manufacturer (OEM) AGB kritisch prüfen und verhandeln. So erkennen Sie einseitige Klauseln und verhandeln faire Alternativen für Wartungsverträge.

CT

Clausentia Team

📅 Veröffentlicht: 7. Februar 2025⏱️ 8 Min

Herstellerbedingungen verstehen und fair verhandeln

Herstellerbedingungen kritisch prüfen

Original Equipment Manufacturer (OEM) Bedingungen sind oft einseitig und benachteiligen Wartungsunternehmen. Unklare Haftungsregeln, überteuerte Ersatzteile und mangelnde Unterstützung führen zu hohen Kosten und rechtlichen Risiken. Dieser Beitrag zeigt, wie Sie Herstellerbedingungen kritisch prüfen und faire Alternativen verhandeln.

Zielgruppe: Geschäftsführer, Einkäufer und Vertragsmanager in Wartungsunternehmen für Turbinen, Anlagen und Maschinen.

📌

Das Wichtigste auf einen Blick

Einseitige Haftungsregeln erkennen und verhandeln

Ersatzteil-Monopol brechen und Alternativen finden

Support- und Schulungsrechte verhandeln

Dokumentation und Nachweise für Verhandlungen sichern

Inhaltsverzeichnis

  1. Warum Herstellerbedingungen problematisch sind
  2. Die vier häufigsten Problempunkte
  3. Checkliste: Herstellerbedingungen prüfen
  4. Häufige Fehler und wie Sie diese vermeiden

Warum Herstellerbedingungen problematisch sind

Herstellerbedingungen sind oft als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) formuliert und stark einseitig zugunsten des Original Equipment Manufacturers. Sie enthalten meist überteuerte Preise, unklare Haftungsregeln und mangelnde Support-Verpflichtungen. Besonders kritisch: Viele Klauseln sind nach deutschem AGB-Recht unwirksam.

Typische Probleme:

  • Einseitige Haftungsausschlüsse zu Lasten der Wartungsunternehmen
  • Überteuerte Ersatzteile ohne Alternativen
  • Mangelnde technische Unterstützung und Schulungen
  • Unklare Gewährleistungsregeln und Rücknahmerechte

Rechtlicher Rahmen:

Nach § 305 BGB sind AGB-Klauseln unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das AGB-Recht (§§ 307-309 BGB) schützt vor einseitigen Klauseln in Herstellerbedingungen.

Die vier häufigsten Problempunkte

2.1 Einseitige Haftungsregeln

Typische Formulierung:

"Der Hersteller haftet nur für Schäden, die durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verursacht werden. Alle anderen Schäden sind ausgeschlossen."

Risiko:

Einseitige Haftungsausschlüsse benachteiligen Wartungsunternehmen. Bei Fehlern in Herstellerdokumentation oder Schulungen haftet das Wartungsunternehmen für Herstellerfehler.

Empfehlung:

Verhandeln Sie ausgewogene Haftungsregeln:

"Beide Parteien haften für ihre eigenen Fehler. Der Hersteller haftet für Fehler in Dokumentation, Schulungen und technischer Unterstützung. Das Wartungsunternehmen haftet für Fehler bei der Ausführung der Wartungsarbeiten."

Vertragsklausel:

"Die Haftung ist auf den vorhersehbaren, vertragstypischen Schaden begrenzt. Jede Partei haftet nur für Schäden, die in ihrem Verantwortungsbereich entstehen. Haftungsausschlüsse gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit."

💡

Clausentia Tipp: Haftungsausgleich verhandeln

Fordern Sie einen gegenseitigen Haftungsausgleich: Jede Partei haftet nur für Schäden in ihrem Verantwortungsbereich. Dokumentieren Sie alle Herstellerfehler (falsche Dokumentation, mangelhafte Schulungen) für spätere Nachweise.

Rechtsgrundlage:

Nach § 307 BGB sind einseitige Haftungsausschlüsse in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen.

2.2 Ersatzteil-Monopol

Typische Formulierung:

"Es dürfen nur Original-Ersatzteile des Herstellers verwendet werden. Die Verwendung anderer Ersatzteile führt zum Verlust der Gewährleistung."

Risiko:

Ersatzteil-Monopole führen zu überteuerten Preisen (oft 3-5fach höher) und Lieferengpässen. Keine Alternativen bei Hersteller-Insolvenz oder Lieferstopps.

Empfehlung:

Brechen Sie das Ersatzteil-Monopol:

"Original-Ersatzteile werden bevorzugt verwendet. Bei Lieferengpässen, überteuerten Preisen oder Hersteller-Problemen sind gleichwertige Alternativen zulässig. Der Hersteller unterstützt bei der Qualifizierung alternativer Ersatzteile."

Vertragsklausel:

"Bei Ersatzteilen werden Original-Teile bevorzugt, sofern sie verfügbar und preislich angemessen sind. Bei Lieferengpässen oder Preisen über dem Marktniveau sind gleichwertige Alternativen zulässig. Die Gewährleistung bleibt unberührt."

Rechtsgrundlage:

Ersatzteil-Monopole können nach § 19 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) missbräuchlich sein, wenn sie zu überteuerten Preisen führen.

2.3 Mangelnde Support-Verpflichtungen

Typische Formulierung:

"Technische Unterstützung erfolgt nach Verfügbarkeit. Schulungen sind separat zu buchen."

Risiko:

Keine verbindlichen Support-Zeiten. Schulungen sind teuer und oft nicht verfügbar. Wartungsunternehmen bleiben bei technischen Problemen allein.

Empfehlung:

Verhandeln Sie verbindliche Support-Leistungen:

"Der Hersteller stellt technische Unterstützung innerhalb von 24 Stunden (werktags) oder 48 Stunden (Wochenende) zur Verfügung. Jährlich werden mindestens 2 kostenlose Schulungstage pro Techniker angeboten."

Vertragsklausel:

"Technische Unterstützung erfolgt innerhalb von 24 Stunden (werktags) oder 48 Stunden (Wochenende). Jährlich werden 2 kostenlose Schulungstage pro Techniker sowie Updates der technischen Dokumentation bereitgestellt."

Rechtsgrundlage:

Support-Verpflichtungen sind nach § 241 BGB als Nebenpflichten möglich und sollten angemessen definiert werden.

2.4 Unklare Gewährleistungsregeln

Typische Formulierung:

"Die Gewährleistung beträgt 12 Monate ab Lieferung. Rücknahme und Umtausch erfolgen nach Rücksprache."

Risiko:

12 Monate sind oft zu kurz für teure Komponenten. "Nach Rücksprache" ist unverbindlich. Keine klaren Rücknahmerechte.

Empfehlung:

Definieren Sie klare Gewährleistungsregeln:

"Die Gewährleistung beträgt 24 Monate für Komponenten über 5.000 EUR, 12 Monate für Standard-Komponenten. Fehlerhafte Teile werden innerhalb von 30 Tagen zurückgenommen und kostenlos ersetzt."

Vertragsklausel:

"Die Gewährleistung beträgt 24 Monate bei Komponenten über 5.000 EUR, 12 Monate bei Standard-Komponenten. Fehlerhafte Teile müssen innerhalb von 14 Tagen gerügt werden und werden innerhalb von 30 Tagen zurückgenommen."

Rechtsgrundlage:

Nach § 634a BGB beträgt die Gewährleistungsfrist bei Bauleistungen 5 Jahre, bei anderen Leistungen 2 Jahre. Längere Fristen sind vertraglich möglich.

Checkliste: Herstellerbedingungen prüfen

📋

Herstellerbedingungen-Prüfung: 12 kritische Punkte

Haftungsausschluss: Sind die Haftungsregeln ausgewogen?

Ersatzteil-Monopol: Gibt es Alternativen zu Original-Teilen?

Support-Zeiten: Sind technische Unterstützung und Reaktionszeiten definiert?

Schulungen: Sind Schulungsrechte und Kosten geregelt?

Gewährleistung: Sind Fristen und Rücknahmerechte klar definiert?

Dokumentation: Werden technische Unterlagen aktuell gehalten?

Preisanpassung: Sind Preiserhöhungen während der Laufzeit geregelt?

Kündigung: Sind Kündigungsrechte und Fristen angemessen?

Geheimhaltung: Sind Know-how-Schutz und Wettbewerbsverbote angemessen?

Wartungsrechte: Dürfen Sie selbständig Wartungsarbeiten durchführen?

Insolvenzschutz: Was passiert bei Hersteller-Insolvenz?

Rechtswahl: Welches Recht gilt bei Streitigkeiten?

Tipp: Nutzen Sie diese Checkliste vor jeder Herstellerverhandlung. Dokumentieren Sie alle Abweichungen und deren Begründung.

Häufige Fehler und wie Sie diese vermeiden

Häufige Fehler bei Herstellerbedingungen und empfohlene Gegenmaßnahmen
Fehler Folge Gegenmaßnahme
Herstellerbedingungen ungeprüft akzeptieren Einseitige Benachteiligung und hohe Kosten Jede Klausel kritisch prüfen und verhandeln
Ersatzteil-Monopol akzeptieren 3-5fach höhere Ersatzteil-Kosten Alternativen verhandeln und dokumentieren
Keine Support-Verpflichtungen verhandeln Allein gelassen bei technischen Problemen Verbindliche Support-Zeiten vereinbaren
Schulungskosten nicht regeln Hohe Zusatzkosten für Qualifikation Kostenlose Schulungstage verhandeln
Keine Insolvenz-Absicherung Keine Ersatzteile bei Hersteller-Insolvenz Ersatzteil-Lagerung und Alternativen sichern
Unklare Wartungsrechte Verlust der Gewährleistung bei Eigenwartung Wartungsrechte explizit vereinbaren

FAQ

Sind einseitige Haftungsausschlüsse in Herstellerbedingungen wirksam?

Nein, einseitige Haftungsausschlüsse in AGB sind nach § 307 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Hersteller müssen für ihre eigenen Fehler (z.B. in Dokumentation oder Schulungen) haften. Verhandeln Sie ausgewogene Haftungsregeln, bei denen jede Partei für ihre eigenen Fehler haftet.

Kann ich das Ersatzteil-Monopol des Herstellers brechen?

Ja, Ersatzteil-Monopole können nach § 19 GWB missbräuchlich sein, wenn sie zu überteuerten Preisen führen. Verhandeln Sie Alternativen bei Lieferengpässen, überteuerten Preisen oder Hersteller-Problemen. Fordern Sie Unterstützung bei der Qualifizierung gleichwertiger Ersatzteile. Die Gewährleistung sollte unberührt bleiben.

Welche Support-Leistungen sollte ich verhandeln?

Verhandeln Sie verbindliche technische Unterstützung (24 Stunden werktags, 48 Stunden Wochenende), kostenlose Schulungstage (mindestens 2 pro Jahr pro Techniker), Updates der technischen Dokumentation und Hotline-Support für kritische Probleme. Dokumentieren Sie alle Support-Anfragen für spätere Nachweise.

Was passiert bei Hersteller-Insolvenz?

Bei Hersteller-Insolvenz verlieren Sie oft Zugang zu Ersatzteilen, Dokumentation und Support. Sichern Sie sich ab: Fordern Sie technische Dokumentation und Ersatzteil-Spezifikationen, bauen Sie Ersatzteil-Lager auf, qualifizieren Sie alternative Lieferanten und verhandeln Sie Wartungsrechte. Dokumentieren Sie alle Herstellerfehler für spätere Nachweise.

Wie verhandle ich faire Gewährleistungsregeln?

Verhandeln Sie gestaffelte Gewährleistungsfristen: 24 Monate für Komponenten über 5.000 EUR, 12 Monate für Standard-Komponenten. Fordern Sie klare Rücknahmerechte (14 Tage Mängelrüge, 30 Tage Rücknahme), kostenlose Ersatzlieferung und Dokumentation aller Gewährleistungsfälle. Der Hersteller sollte die Beweislast für Mängel tragen.

Kann ich bei unangemessenen Herstellerbedingungen kündigen?

Ja, bei wesentlichen Änderungen der Herstellerbedingungen haben Sie ein außerordentliches Kündigungsrecht. Dokumentieren Sie alle einseitigen Änderungen und fordern Sie Anpassungen. Bei unwirksamen AGB-Klauseln können Sie diese gerichtlich anfechten. Sichern Sie sich vor Vertragsabschluss alle wichtigen Rechte und Alternativen.

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Quellen und rechtliche Grundlagen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Verfügbar auf Gesetze-im-Internet.de

  • § 305 BGB: Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Definition)
  • § 307 BGB: Inhaltskontrolle von AGB (Unwirksamkeit einseitiger Klauseln)
  • § 308 BGB: Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit
  • § 309 BGB: Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
  • § 241 BGB: Nebenpflichten (Support-Verpflichtungen)
  • § 634a BGB: Verjährung bei Werkverträgen (Gewährleistungsfristen)

Weiterführende Informationen

  • Bundesministerium der Justiz: Allgemeine Informationen zum AGB-Recht
  • Bundeskartellamt: Leitfäden zum Wettbewerbsrecht
  • Industrie- und Handelskammer: Branchenspezifische Vertragsgestaltung (regional verfügbar)

Rechtlicher Hinweis: Diese Quellen dienen der Information und ersetzen keine individuelle Rechtsberatung für Ihren konkreten Fall.

Für verbindliche Auskünfte wenden Sie sich an eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt.

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