Internationale Projekte: Recht, Gerichtsort, Sprache
Rechtswahl, Gerichtsstand und Vertragssprache in internationalen Wartungsverträgen richtig regeln. So vermeiden Sie rechtliche Unsicherheiten und hohe Verfahrenskosten.
Clausentia Team
Internationale Projekte: Recht, Gerichtsort, Sprache
Internationale Verträge rechtssicher gestalten
Internationale Wartungsprojekte bergen rechtliche Risiken: Unklare Rechtswahl führt zu hohen Verfahrenskosten, falsche Gerichtsstands-Klauseln zu Verfahren in unbekannten Rechtssystemen. Dieser Beitrag zeigt, wie Sie Rechtswahl, Gerichtsstand und Vertragssprache in internationalen Verträgen richtig regeln.
Zielgruppe: Geschäftsführer, Vertragsmanager und Projektleiter in Wartungsunternehmen für Turbinen, Anlagen und Maschinen.
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Das Wichtigste auf einen Blick
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Rechtswahlklauseln nach Rom-I Verordnung
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Gerichtsstand nach Brüssel-Ia Verordnung
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Vertragssprache und Auslegungsregeln
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Exportkontrolle und Compliance
Inhaltsverzeichnis
- Warum internationale Verträge kritisch sind
- Die vier wichtigsten Rechtsbereiche
- Checkliste: Internationale Verträge prüfen
- Häufige Fehler und wie Sie diese vermeiden
Warum internationale Verträge kritisch sind
Internationale Wartungsprojekte sind komplexer als nationale Aufträge. Unterschiedliche Rechtssysteme, Sprachen und Verfahrensordnungen führen zu rechtlichen Unsicherheiten und hohen Verfahrenskosten. Besonders kritisch: Fehlende Rechtswahl führt zur Anwendung unbekannter ausländischer Gesetze.
Typische Risiken:
- Unklare Rechtswahl führt zu hohen Verfahrenskosten
- Falsche Gerichtsstands-Klauseln zu Verfahren im Ausland
- Sprachbarrieren bei Vertragsauslegung und Verfahren
- Exportkontroll-Bestimmungen nicht beachtet
Rechtlicher Rahmen:
Die Rom-I Verordnung (EG Nr. 593/2008) regelt die Rechtswahl in internationalen Verträgen. Die Brüssel-Ia Verordnung (EU Nr. 1215/2012) bestimmt den Gerichtsstand. Beide Verordnungen sind in allen EU-Mitgliedstaaten gültig.
Die vier wichtigsten Rechtsbereiche
2.1 Rechtswahlklauseln
Typische Formulierung:
"Dieser Vertrag unterliegt dem Recht des Auftraggebers."
Risiko:
Unklare Rechtswahl führt zur Anwendung unbekannter ausländischer Gesetze. Hohe Kosten für Rechtsberatung und Verfahren.
Empfehlung:
Wählen Sie ein bekanntes Rechtssystem:
"Dieser Vertrag unterliegt deutschem Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG). Bei Streitigkeiten gilt deutsches materielles Recht."
Vertragsklausel:
"Dieser Vertrag wird nach deutschem Recht ausgelegt und erfüllt. Das UN-Kaufrecht (CISG) findet keine Anwendung. Maßgeblich ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die einschlägigen deutschen Gesetze."
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Clausentia Tipp: Rechtswahl begründen
Begründen Sie Ihre Rechtswahl: "Deutsches Recht wird gewählt, da der Auftragnehmer seinen Sitz in Deutschland hat und die Hauptleistung (Wartung) in Deutschland erbracht wird." Dies stärkt die Durchsetzbarkeit der Rechtswahl vor ausländischen Gerichten.
Rechtsgrundlage:
Nach Art. 3 Rom-I Verordnung können Parteien das anwendbare Recht frei wählen. Die Rechtswahl muss ausdrücklich oder eindeutig aus den Umständen hervorgehen.
2.2 Gerichtsstand und Schiedsgericht
Typische Formulierung:
"Gerichtsstand ist der Sitz des Auftraggebers."
Risiko:
Gerichtsstand im Ausland führt zu hohen Verfahrenskosten, Sprachbarrieren und unbekannten Verfahrensordnungen.
Empfehlung:
Wählen Sie einen deutschen Gerichtsstand oder Schiedsgericht:
"Gerichtsstand für alle Streitigkeiten ist der Sitz des Auftragnehmers in Deutschland. Alternativ können Streitigkeiten durch Schiedsverfahren nach den Regeln der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) beigelegt werden."
Vertragsklausel:
"Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist der Sitz des Auftragnehmers in [Stadt], Deutschland. Die Parteien können sich jedoch einvernehmlich für ein Schiedsverfahren nach den DIS-Schiedsgerichtsordnung entscheiden."
Rechtsgrundlage:
Nach Art. 25 Brüssel-Ia Verordnung können Parteien einen ausschließlichen Gerichtsstand vereinbaren. Schiedsgerichtsvereinbarungen sind nach § 1025 ZPO zulässig.
2.3 Vertragssprache und Auslegung
Typische Formulierung:
"Der Vertrag wird in englischer und deutscher Sprache erstellt. Bei Widersprüchen gilt die englische Fassung."
Risiko:
Sprachbarrieren führen zu Missverständnissen. Unklare Auslegungsregeln bei Widersprüchen zwischen Sprachfassungen.
Empfehlung:
Definieren Sie klare Auslegungsregeln:
"Der Vertrag wird in deutscher und [Fremdsprache] erstellt. Bei Widersprüchen zwischen den Sprachfassungen gilt die deutsche Fassung. Technische Begriffe werden einheitlich definiert."
Vertragsklausel:
"Dieser Vertrag wird in deutscher und [Fremdsprache] Sprache erstellt. Bei Widersprüchen zwischen den Sprachfassungen ist die deutsche Fassung maßgeblich. Technische Begriffe und Definitionen sind in beiden Sprachen identisch zu verwenden."
Rechtsgrundlage:
Sprachvereinbarungen sind nach Art. 3 Rom-I Verordnung möglich. Die Auslegung erfolgt nach dem gewählten Recht.
2.4 Exportkontrolle und Compliance
Typische Formulierung:
"Der Auftragnehmer beachtet alle gültigen Gesetze und Vorschriften."
Risiko:
Unklare Exportkontroll-Bestimmungen führen zu Compliance-Verstößen. Hohe Bußgelder und Strafverfahren.
Empfehlung:
Definieren Sie klare Compliance-Pflichten:
"Der Auftragnehmer beachtet alle deutschen und EU-Exportkontroll-Bestimmungen. Vor Lieferungen in Drittländer erfolgt eine Exportkontroll-Prüfung. Der Auftraggeber unterstützt bei der Bereitstellung erforderlicher Unterlagen."
Vertragsklausel:
"Beide Parteien beachten alle gültigen Exportkontroll-Bestimmungen, insbesondere die deutsche Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und die EU-Dual-Use-Verordnung. Vor Lieferungen in Drittländer erfolgt eine Exportkontroll-Prüfung. Der Auftraggeber stellt alle erforderlichen Unterlagen und Genehmigungen bereit."
Rechtsgrundlage:
Exportkontroll-Bestimmungen sind nach der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und der EU-Dual-Use-Verordnung zwingend einzuhalten.
Checkliste: Internationale Verträge prüfen
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Internationale Verträge: 12 kritische Punkte
Rechtswahl: Ist das anwendbare Recht klar gewählt?
CISG-Ausschluss: Ist das UN-Kaufrecht ausgeschlossen?
Gerichtsstand: Ist der Gerichtsstand in Deutschland?
Schiedsgericht: Ist eine Schiedsgerichts-Vereinbarung möglich?
Vertragssprache: Sind Auslegungsregeln bei Mehrsprachigkeit definiert?
Exportkontrolle: Sind Compliance-Pflichten geregelt?
Währung: Ist die Zahlungswährung und Wechselkursrisiko geregelt?
Steuern: Sind Steuerpflichten und Doppelbesteuerung berücksichtigt?
Zahlung: Sind Zahlungsmodalitäten und Bankverbindungen klar?
Datenschutz: Sind DSGVO-Anforderungen für internationale Datenübermittlung geregelt?
Force Majeure: Sind höhere Gewalt und internationale Risiken definiert?
Rechtsberatung: Ist lokale Rechtsberatung im Zielland verfügbar?
Tipp: Nutzen Sie diese Checkliste für jeden internationalen Vertrag. Dokumentieren Sie alle rechtlichen Besonderheiten und Risiken.
Häufige Fehler und wie Sie diese vermeiden
| Fehler | Folge | Gegenmaßnahme |
|---|---|---|
| Keine Rechtswahl vereinbaren | Anwendung unbekannter ausländischer Gesetze | Deutsches Recht mit CISG-Ausschluss wählen |
| Gerichtsstand im Ausland | Hohe Verfahrenskosten und Sprachbarrieren | Deutschen Gerichtsstand oder Schiedsgericht vereinbaren |
| Exportkontrolle ignorieren | Compliance-Verstöße und hohe Bußgelder | Exportkontroll-Prüfung und Compliance-Pflichten regeln |
| Sprachbarrieren unterschätzen | Missverständnisse und Streitigkeiten | Auslegungsregeln bei Mehrsprachigkeit definieren |
| Wechselkursrisiko nicht berücksichtigt | Unvorhergesehene Kosten durch Währungsschwankungen | Währung und Wechselkursrisiko regeln |
| Keine lokale Rechtsberatung | Rechtliche Risiken im Zielland übersehen | Lokale Rechtsberatung für Zielland einholen |
FAQ
Warum sollte ich das UN-Kaufrecht (CISG) ausschließen?
Das UN-Kaufrecht (CISG) gilt automatisch bei internationalen Kaufverträgen und unterscheidet sich vom deutschen BGB. Es hat kürzere Verjährungsfristen, andere Gewährleistungsregeln und keine Störung der Geschäftsgrundlage. Für Wartungsverträge ist das deutsche BGB meist günstiger. Schließen Sie das CISG explizit aus: "Das UN-Kaufrecht findet keine Anwendung."
Ist ein Schiedsgericht besser als ein ordentliches Gericht?
Schiedsgerichte haben Vorteile: Schnellere Verfahren, spezialisierte Schiedsrichter, internationale Vollstreckbarkeit und Vertraulichkeit. Nachteile: Höhere Kosten, keine Berufung möglich, weniger Rechtsschutz. Für internationale Verträge empfehlen sich Schiedsgerichte, besonders bei technischen Streitigkeiten. Verwenden Sie die DIS-Schiedsgerichtsordnung.
Was muss ich bei Exportkontrolle beachten?
Bei Lieferungen in Drittländer müssen Sie die deutsche Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und die EU-Dual-Use-Verordnung beachten. Prüfen Sie, ob Ihre Technologie oder Ersatzteile exportkontrollpflichtig sind. Fordern Sie vom Auftraggeber alle erforderlichen Unterlagen und Endverbleibserklärungen. Dokumentieren Sie alle Exportkontroll-Prüfungen.
Wie regle ich das Wechselkursrisiko bei internationalen Verträgen?
Vereinbaren Sie eine stabile Währung (EUR oder USD) als Zahlungswährung. Definieren Sie Wechselkursrisiko-Klauseln: "Bei Schwankungen des Wechselkurses um mehr als 5 Prozent können die Preise angepasst werden." Oder vereinbaren Sie eine Preisanpassungsklausel: "Die Preise werden jährlich anhand des durchschnittlichen Wechselkurses angepasst."
Was passiert bei mehrsprachigen Verträgen bei Widersprüchen?
Definieren Sie klare Auslegungsregeln: "Bei Widersprüchen zwischen den Sprachfassungen ist die deutsche Fassung maßgeblich." Verwenden Sie identische technische Begriffe in beiden Sprachen. Erstellen Sie ein Glossar mit wichtigen Begriffen. Bei kritischen Verträgen lassen Sie beide Sprachfassungen von Muttersprachlern prüfen.
Wie finde ich rechtssichere Klauseln für internationale Verträge?
Verwenden Sie bewährte Klausel-Baukästen für internationale Verträge. Die DIS bietet Musterklauseln für Schiedsverfahren. Die Industrie- und Handelskammer hat Leitfäden für internationale Verträge. Lassen Sie alle Klauseln von einem Fachanwalt für internationales Recht prüfen. Dokumentieren Sie alle rechtlichen Besonderheiten des Ziellands.
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Quellen und rechtliche Grundlagen
EU-Recht (EUR-Lex)
Verfügbar auf EUR-Lex
- Rom-I Verordnung (EG Nr. 593/2008): Rechtswahl in internationalen Verträgen
- Brüssel-Ia Verordnung (EU Nr. 1215/2012): Gerichtsstand und Vollstreckung
- EU-Dual-Use-Verordnung: Exportkontrolle für Dual-Use-Güter
Deutsches Recht
Verfügbar auf Gesetze-im-Internet.de
- Außenwirtschaftsverordnung (AWV): Deutsche Exportkontroll-Bestimmungen
- Zivilprozessordnung (ZPO) § 1025: Schiedsgerichtsverfahren
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Vertragsrecht und Gewährleistung
Weiterführende Informationen
- Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Außenwirtschaft und Exportkontrolle
- Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS): Musterklauseln und Verfahrensordnungen
- Industrie- und Handelskammer: Leitfäden für internationale Geschäfte
Rechtlicher Hinweis: Diese Quellen dienen der Information und ersetzen keine individuelle Rechtsberatung für Ihren konkreten Fall.
Für verbindliche Auskünfte wenden Sie sich an eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt.
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